16.03.2019
«Swiss Season Opening» nennt sich der Event, dem ich
bei gutem Wetter eigentlich die Skischuhe vorziehen wollte… Es kommt aber
anders und ich stelle mich den 15km. Der Grund ist schlicht Neugier über meinen
Formstand, vor allem im Vergleich zum Vorjahr. Nach dem Lausanne Marathon im
Herbst und einer Pause war ich nach Jahreswechsel das eine oder andere Mal
joggen, sogar ein paar Mal fürs Intervalltraining auf der Bahn, besser als
nichts dachte ich mir. Ja, im Vergleich zum Vorjahr war ich regelmässig joggen
im Winter, mal trainierte ich sehr gut, mal weniger. Deswegen bin ich jetzt am Kerzerslauf.
Zeitlich knapp dran wie immer und wetterbedingt im Unklaren
über meine Kleiderwahl, das sind meine Sorgen an diesem frühlingshaften
Samstagmorgen. Ach nein, kurz vor dem Start bemerke ich meinen leeren Magen. Hungergefühl
ahoi. Nüsse futtern, geil, N.Ü.S.S.E. F.U.T.T.E.R.N.n, das ist es. Das letzte Mal Nüsse
gegessen hatte ich, ehm also mal abgesehen von den Nüssen in Snickers, wann
hatte ich das letzte Mal Nüsse? Vermutlich noch nie. Die Dinger kann man ja kaum
schlucken. Sie bleiben auch noch überall im Mund hängen. Praktisch. Falls ich
trotzdem Hunger bekommen werde, so habe ich noch Reste davon im Mundwinkel oder eben einen äusserst sättigenden PowerGel dabei.
Das muss reichen. Sonst mache ich ja einen Halbmarathon ohne Verpflegung, ausgenommen
ein paar Fliegen und die eigene Spucke – man kann sie statt spucken aus schlucken.
Die 01:06:58 vom Vorjahr muss ich schlagen, sonst weiss ich
also nicht mehr. Vor ein paar Wochen lief ich 22km in einer Pace unter 04:10.
Seither attestierte mir meine Uhr ständig «Leistungszustand schlecht».
Also peile ich häb chläb an, dem 4min-Pacemaker (Zielzeit 59:59) auf die
Füsse zu treten. Mal schauen, wie lange das gut geht.
Los geht’s. Schlecht aufgewärmt kann ich dem Pacemaker gut
folgen, der Rückenwind hilft natürlich. Ich könnte auch schneller, aber es ist ja
kein 3km-Lauf. Der Lauf sieht doch bei guten Wetter schon viel freundlicher
aus als bei Regen. Geradeaus über die Felder von Kerzers, nahe der
französischen Grenze vermute ich, sehe ich von weit hinten im Feld bis nach ganz vorne zu den sagen wir mal «zügigen» Läufern. Die Cheibe haben es eilig, krass. Ein paar
Mitläufer schnauben nun schon kräftig, ist ja zu erwarten, dass beim ersten
Lauf des Jahres sich einige übertun. Nach ein paar Kilometern und leichtem
Bergauf muss ich mich beeilen beim ersten kurzen Anstieg. Der Pacemaker zieht
da hoch wie eine Gämse, die Traube um ihn herum löst sich auf. Im Glauben, ich
sei gleich schnell oben wie der Pacemaker, nimmt er mir tatsächlich auf den letzten 10
Metern gefühlte 20 Meter ab. Aber das hole ich schon noch auf. Die
Verpflegungsstände lasse ich aus, habe schliesslich noch Nüsse dabei. Den Powergel habe ich dann irgendwann auch
ohne Wasser runtergeschluckt, das eh schon klebrige Zeugs wirkt durch Keuchen
noch klebriger im Mund. Sehr angenehm.
Irgendwann geht’s einem Tümpel entlang, so bei Kilometer 8.
Sieht eigentlich schön aus, ein Schild mit der Aufschrift «Natur pur» begrüsst
die Läufer zum kürzlich gerodeten Waldstück. Sieht aus wie ein gerupftes Huhn,
nur ist es eben Wald statt ein Huhn. Schön. Nein Spass, eigentlich ist es hier
zum Laufen wirklich schön. Weniger schön ist dann der Ramsey Hill, ein Anstieg
über geschätzte 250m (Distanz, nicht Höhenmeter). Steil ist er nicht, aber
irgendwie eben doch ein bisschen. Ich komme gut hoch, der Pacemaker zieht wie
erwartet davon, ich kann trotzdem ein paar Plätze gutmachen. Die Treichler am
Rand mag ich, das intensiviert irgendwie das eh schon ziemlich intensive
Körpergefühl. Habt Dank dafür. Nach dem Hoger bin ich etwas langsamer unterwegs
als erwartet. Kein Problem, bin ich doch immer noch gut in der Zeit. Ich merke
mir: Berg-auf-Training muss ich in meinen nicht vorhandenen Trainingsplan
unbedingt einbauen.
Bergab zwickt mir dann irgendetwas im Buckel, weswegen ich
aber nicht langsamer bin. Auf den letzten 3km weht dann Gegenwind, ich werde
vereinzelt überholt und kalkuliere meine mögliche Endzeit. Da kommen noch ein
paar Schnelle von hinten und dem Pacemaker komme ich wieder näher,
aber einholen tu’ ich ihn definitiv nicht mehr. So finishe ich mit 01:00:25 und
einer durchschnittlichen Pace von – wohl bemerkt aufgerundeten – 04:02. Das
ging ja flott und das meine ich ernst. Mit der Peitsche getrieben wären die
zwei Sekunden pro Kilometer wohl noch drin gelegen, aber das macht nichts. Ich
verbesserte mich um 6,5min oder 25sek pro KM im Vergleich zum Vorjahr. Super
Sach! Mustergültig runde ich den Event mit Pommes und Bier ab (nein, kein
Spass-freies Läuferbier).