23.06.2019
Heute starte ich mal früh, also 10 Uhr ist bei mir früh. Weil ich ganze 20min damit verbringe, Münzen fürs Parking aufzutreiben, schwitze ich an diesem öden Sonntagvormittag am Bahnhof Zweilütschinen bereits im Stehen. Ich gehe heut' mal die andere Seite hoch, über Wengen auf den Männlichen. Ob und wie es weitergehen wird, werde ich spontan entscheiden.
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Fröidesprung auf dem Lauberhorn |
Die ersten drei Kilometer direkt unter der Starkstromleitung sind jetzt nicht gerade die Idylle pur, zum Aufwärmen reichts es dennoch. Noch vor Lauterbrunnen biegt der Weg in den Wald hinein nach Wengen. Die ersten Meter über die Wiese machen meine Schuhe inklusive Socken
pflätschnass. Gäbig. Aber ich bin schliesslich nicht auf dem Catwalk. Früh marschiere ich dann, irgendetwas in mir will heute noch weiter. So erreiche ich bald den
Schlungg eingangs Wengen, wo der Jungfrau Marathon verläuft. Kurz aus Wengen hinaus erreiche ich den Gemsenweg. Ich sehe die Lawinenverbauungen hoch oben und freue mich auf einen steilen Weg. Vom Eiger Ultra Trail kursieren jeweils eindrückliche Bilder inmitten der Verbauungen. Ein paar Minuten vor mir sind zwei Trailrunner, mal sehen, ob ich sie einhole.
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Auf der Strecke des E101, dem 101km Laufs |
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toller Singletail |
Mir läuft der Schweiss und die Sonnencreme nur so runter, yammi. Die Trailrunner pausieren auf einem Bänkli, was ich ihnen gleich tue. Der Blick ins Tal ist eindrücklich. Bisher stellte Lauterbrunnen für mich das Ende der Welt dar, vielleicht traue ich mich mal weiter nach hinten ins Tal ;-) Jedenfalls überhole ich die beiden und ein paar andere Wanderer, pose für ein paar Fotos und erreiche nach 2h01 den Männlechen. Keine Ahnung ob dieser Hoger Gender-gerecht benannt ist. Da ich erst beim Männlechen-Restaurant bin, hänge ich die Schlaufe und rund 100 Höhenmeter zum Aussichtspunkt auf 2'343m.ü.M. selbstverständlich an.
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queer durch die Lawinenverbauungen |
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nature meets human |
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da falsch abgebogen, erwische ich den flachen Trail |
Ich begutachte aus der Ferne den Eiger Trail nahe der Eigernordwand. Teilweise liegen breite Schneefelder. Wahrscheinlich würde es mit meinen Adiletten schon gehen, aber so eine grosse Runde hatte ich nicht vor und es wäre schade, bei diesem Wetter retour den Zug zu nehmen. Also gehe ich weiter auf dem Höhenweg zur Kleinen Scheidegg. Viele Touris wandern und begutachten die Schneefelder. An einem Ort liegen gute 2,4m Schnee, der irgendwo runterpurzelte, jedenfalls erreichen meine gestreckten Arme die Oberfläche nicht. Kurz vor der Kleinen Scheidegg entscheide ich mich spontan fürs Lauberhorn. Zuerst dem Wanderweg entlang, verlasse ich ihn für die schwarze Skipiste. Statt geile Schwünge runterziehen, keuche ich mich hinauf, mal im Zickzack, mal absichtlich
gredi. Weil gredi geiler ist. Puh. Vom Skilift zum Lauberhorn läuft es sich mit 260g leichten Trailschuhen wesentlich leichter als mit Skischuhen durch 40cm Neuschnee, notabene die Skis
bugglet. Bis hier sind es 18Km in 2h54. Die Aussicht ist einfach fantastisch.
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wow |
Ich lehne auch hier Angebote ab und fötele mich selbst. Über Schnee gehe ich weiter zum Starthaus der Lauberhornabfahrt. Mein Stein, ich fand ihn im Winter mitten auf der Skipiste und schenkte ihn Märcu, wartete monatelang auf mich. Märcu, er gehört wirklich dir, von jetzt bis in alle Ewigkeit, in diesem und in allen Paralleluniversen. Komm' und hol' ihn! Wer mit Skis einen
söttigen Chemp erwischt, der kann seine
Laden entsorgen und neu besorgen. Inspiriert vom Stein, laufe ich die Lauberhornabfahrt runter, folge dann der Skipiste zum Wixi-Lift. Beim Bach fülle ich meinen Trinkbeutel auf, fast 1,5l habe ich schon getrunken.
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verwääit u grütscht, süsch hätts äuä nid grad därewä |
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die schwarze Piste hoch war anstrengend |
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Pouse ufder Skipiste |
Zum Abschluss kommt noch das Filletstück vom Jungfrau-Marathon: die Moräne. Ich stoppe meine Zeit, schliesslich bin ich selten hier oben mit so frischen Beinen. 21km sind es, um genau zu sein, dennoch wenig im Vergleich zu den 38km beim Marathon. Ich wähle die linke, mir sympathischere Seite die Moräne hoch. Kürzer soll sie sein, die linke Seite. Nach dem ersten Drittel überlege ich mir, gredi die andere Skipiste hoch, statt den Wanderweg, verwerfe die Idee dann schnell. Entlang des Felsens habe ich das Gefühl, zügig unterwegs zu sein. Ä chli mahni no. Im September zotteln wir hier wie geschlagene Hunde hoch, ich jedenfalls. Heute geht das alles lockerer und weniger gestresst. Den letzten Teil auf der eigentlichen Moräne ist - so ganz nüchtern betrachtet - wohl deswegen schön, weil am Marathon der Dudelsackspieler den höchsten Punkt markiert. Wer ihn hört und sieht, der wird es ins Ziel schaffen. Vielleicht kommen noch ein paar Krämpfe auf dem letzten Kilometer abwärts.
Item. Ich folge dem Weg bis zum Restaurant Eigergletscher.
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die Moräne als Filletstück. Im Winter heisst die Piste Blackrock |
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die letzten Höhenmeter beim Jungfrau Marathon |
Das Dreigestirn kommt mit dem vielen Schnee, der noch liegt, und den markanten Felsen richtig kontrastreich zur Geltung. Leider verpasse ich es, ein Bild davon zu machen. Ich freue mich auf meinen Proviant, ein Mändelbärli, das mich den ganzen Tag begleitete. Beim Resti kaufe ich noch Wasser, so dass ich dann den letzten Aufstieg für heute mit einer Pause abfeiere als gäbe es kein morgen mehr. Für diese Pause hätte ich mir schon einen hübscheren Ort als die Baustelle der V-Bahn aussuchen können. Egal. Zur Abwechslung gibt es Kohlensäurewasser. Das stille Wasser, ich kann es irgendwann vor lauter Öde kaum noch schlucken, macht mich durstig. Wegen des selbstgemachten Ragusa vom Resti vergesse ich
migottseeu mein Mandelbärli...
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nidsi zur chline Scheidegg zue |
Zur kleinen Scheidegg
nidsi nehme ich wieder die Skipiste. Zuerst zögerlich, lasse ich es auf dem Schnee richtig rutschen, zur Freude einiger Asiaten. Dann zieht sich der Weg nach Wengen hinunter ziemlich. Irgendwann erreiche ich die Allmend, wo der Blick auf die Lawinenverbauungen mich daran erinnert, heute über die fehlende Steilheit etwas enttäuscht zu sein. Der Weg ist schön, ja wirklich, er sieht aus der Ferne schlichtweg steiler aus. Es ist auch mein Fehler, nahm ich die Abzweigung zum Resti anstatt zur Aussichtsplattform. Irgendwann auf halbem Weg nach Lauterbrunnen erreiche ich die gesuchte Abzweigung und zottle retour zum Startpunkt, wo die zwei Lütschinen sich in Zweilütschinen vereinen.
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Blick zude Lawineschutzwänd zum Männleche |
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wäre auch erfrischend, würde da nicht der Thunersee warten |
Das waren ungeplante 2'614 Höhenmeter hinauf und hinunter, verteilt auf 38km. Fast ein Marathon, vieles davon gewandert, versteht sich. Abzüglich der Pausen benötigte ich 5h21. Das prächtige Wetter gut ausgenutzt, würde ich sagen. Ä chli
tuuche mache ich mich auf den Weg an den Thunersee, Schweiss und Sonnencreme abwaschen. Das Mandelbärli folgt dann im Auto seiner Bestimmung: Nom-Nom.