20.04.2019
Dass ich die «seven summits of Bern» auf zwei Etappen verteilen muss, war mir schon klar. Trotzdem war ich am Ende des Tages ein bisserl enttäuscht über meine Leistung. Aber alles der Reihe nach.
seven summits of Bern im Frühling |
Zugegeben, ich hatte mich von einer Velotour inspirieren lassen. Sie umfasst die sieben höchsten bzw. relevanten Höger unmittelbar um Bern herum. Welche Höger das genau sind, darüber lässt sich streiten. Ja wirklich. Also musste zuerst ein komplexes Evaluierungsverfahren ermitteln, welche Berner Erhebung nun zu den sieben zählt und welche nicht. Wichtigstes Kriterium war, dass der Gipfel überhaupt Suchergebnisse auf Google liefert. Das ist garnicht so leicht, denn wer den Könizberg auf Google sucht, findet zuerst den ortsansässigen Jodlerklub, den Wildschutz sowie keinen einzigen Hikr-Bericht und ein leeres Online-Gipfelbuch...
Könizberg, schwierig zu finden |
Auf jeden Fall mach ich mich an diesem vielversprechenden Samstagmorgen von Köniz aus in Richtung Könizberg. Ich prägte mir die Karte vorher ein, trotzdem finde ich den Gipfel irgendwie nicht. Lost im Könizwald nach zwei Kilometern, toll. Ich brauche also wirklich das GPS, um den höchsten Punkt auf stolzen 674m.ü.M. zu finden. Ja, ich nehme es genau... wer schliesslich 50 Höhenmeter unterhalb des Gipfels vom Everest umkehrt, der war halt nicht oben. Ende der Diskussion. Hier oben auf dem Gifpel des Könizbergs ist die Luft spürbar dünn, der Gletscher hat sich auch weit zurückgezogen, mir gefällt die gegenwärtige Einsamkeit im hochalpinen Gelände.
nächstes Ziel: Gurten |
Schon strahlt mir schon die Sonne in die Visage und ich sehe die nächsten zwei Ziele. Über die Westflanke steige ich auf zum Gurten. Alles ganz gemütlich und bei Temperaturen, bei denen ein Tshirt zu wenig und ein Überzieher des Windes wegen schon zu viel ist. Jetzt kommt mir in den Sinn, dass ich auf dem Könizberg das Selfie mit dem Gipfelkreuz vergass. Weil ich nicht umkehren mag, ärgere ich mich noch eine kurze Weile, bis ich es auf dem Gurten (858m.ü.M.) besser mache und den ultimativen Fotobeweis der Gipfelbesteigung erbringe. Auch erst jetzt denke ich daran, vor jedem Hügel ein Foto des nächsten zu machen. Egal, es geht kurz abwärts, dann widme ich mich dem dritten im Bunde, dem Ulmizberg.
der Beweis, ich war auf dem Gipfel des Gurten |
Nebst ein paar grossen Schnecken begegnen mir viele Velofahrer. Letztes Mal hatte es hier noch kräftig geschneit, nun grillieren die ersten oben bei der grossen Antenne. Mit dem Ulmizberg 937m.ü.M. sind 14km absolviert und die ersten drei Ziele geschafft, einer geht heut' noch, denke ich mir. Nebst einem süssen Fuchs und vielen Rotmilanen gefällt mir auch, dass ich towards der Alpenkette jogge. Die Dörfer kenne ich hier nicht, aber wer hier wohnt, der hat eine richtig tolle Aussicht.
Ulmiz, Nachbar des Gurten |
Bis zum vierten und voraussichtlich letzten für heute sind es rund 14 Kilometer. Bis dahin vertrödle ich die Zeit, um mir zu überlegen, wann ich heute wohl eingehen werden. Ich meine austrocknen oder einbrechen. Irgendwann wird der Moment kommen, hatte ich doch zuvor halbbatzig gegessen, ebenso war ich kaum längers joggen, wie ich es heute tue. Irgendwo vor Toffen kommen dann tatsächlich die ersten Symptome von Müdigkeit. Das macht aber nichts, es geht schliesslich bergab. In Toffen pausiere ich und fülle im Coop meinen Wasserbeutel auf. Versehentlich schütte ich Kohlensäurewasser rein, praktisch. Zu meinem weiteren Proviant zählt übrigens ein Minisnickers, zwei Energiegels, ein Confiture-Sandwich und eben Wasser. Ach ja, meinem ersten Hüngerchen entgegne ich mit Nüssen, schliesslich habe ich immer noch welche vom Kerzerslauf im den Zahnzwischenräumen. Praktisch. Bei Besteigungen wie diesen ist bekanntlich jedes Gramm Gepäck ein Gramm zu viel.
die Anzahl sichtbarer Gifpel steht für die Anzahl Einwohner |
von wegen alles flach |
Hinauf zum Belpberg kommt es mir recht steil vor, jedenfalls mehr als bisher. Ich merke schon, allzu weit geht es heute nicht mehr. Auf den letzten Metern ist mir klar, es war der letzte für heute, denn in weiter, ja viel zu weiter Ferne sehe ich den Sendemasten des Bantigers. Die Pause auf dem Aussichtspunkt Belpberg 892m.ü.M. habe ich mir verdient. Schliesslich bin ich schon eine Weile unterwegs, deswegen freue ich mich auf den nächsten Abschnitt bergab. Irgendwann erreiche ich die Aare bei Münsingen, sehe den ersten Aareböötler in dieser Saison und pausiere nochmal. Da ich noch schauen will, wie weit es für heute reicht, jogge ich der Aare entlang. Es geht schon noch, allerdings träge. So kehre ich nach 5 flachen Kilometern um, überquere die neue Brücke und trabe zum Bahnhof Rubigen. Hier erwartet mich ein kaltes Getränk, eine Affenhitze und natürlich etwas Zufriedenheit für diese immerhin 37 Kilometer und rund 1'100 Höhenmeter.
Belpberg, der letzte für heute |
Mit 3h57 war ich viel länger unterwegs als geplant und eben, ich hätte noch weiter gewollt, allerdings ohne mich zu quälen. Macht aber nichts, die letzten drei Summits mache ich nächstes Mal. Jetzt muss ich aber heim, vielleicht erwartet mich eine Party im Eishockeystadion...
Hier die ungefähre Route mit all den Dörfern, die ich unerwähnt liess: