Lausanne Marathon unter 3 Stunden

27.10.2019
Rebonjour Lausanne! Heute geht es darum, die drei verfluchten Minuten vom Vorjahr schneller im Ziel zu sein. Eine Finisherzeit unter 3 Stunden ist das Ziel. Vom letztjährigen Bericht könnte ich vieles kopieren, besonders was den Mangel an gelaufenen Flachdistanzen angeht. Aber was soll ich sagen, in den Bergen macht es mir einfach mehr Freude.
Zieleinlauf
Der Oktober 2019 war ein fauler Monat von mir: Halb so viele Kilometer, halb so viele Höhenmeter als üblich bzw. im Vorjahr. Oder vielleicht bin ich heuer besser erholt. Eine Prognose abzugeben ist daher schwierig. Vor dem Start treffe ich noch Thomas, der hat übrigens nur zwei Minuten gutzumachen, um eine persönliche Bestzeit von 2:59:59 zu laufen. Als Learning vom letzten Jahr reihe ich mich kurz vor dem Start noch in der Warteschlange fürs Toitoi ein. Dafür sind die anschliessenden 7 Minuten Aufwärmzeit etwas zu wenig.
irgendwo hinderem rote Fähndli warti ufe Startschuss
Dann geht's los um 10:10 Uhr. Während im Startbereich der 3h-Pacemaker mit der roten Fahne drei Meter entfernt ist, sind es nach Überquerung der Startlinie eher 20 Meter. Die hole ich schnell auf. Dann komme ich arg ins Keuchen, das leichte Gefälle ändert daran wenig. Neben mir rennt ein Typ barfuss. Wow. Den Thomas sehe ich nirgends und ich höre auch bald damit auf, ihn zu suchen. Zu anstrengend ist der Start. Nach dem ersten Kilometer gebe ich dem zum kurzen Einwärmen die Schuld. Nach Kilometer drei haben sich meine Zweifel, dieses Tempo bis zum Ende durchhalten zu können, schon in einer festen Erkenntnis zementiert. Erst der Blick auf die Pace lässt mich vermuten, der Pacemaker ist viel zu schnell. Okay, das anfängliche Gefälle soll als Zeitpolster dienen. Die Finisherzeit von 3h bedeutet eine durchschnittliche Pace vom 04:16 pro Kilometer. Was wir da auf den ersten drei Kilometern dem roten Fähnchen hinterherlaufen sieht anders aus: 03:52, 03:36 (!), 03:56, 03:59, 04:06. Ich erhole mich leicht von diesem zu schnellen Start. Bei Thomas sieht das sehr locker aus, was mir aber nichts hilft. Ehrlich gesagt, das waren schreckliche erste Kilometer.






So ab Km 8 finde ich den Rhythmus. Heute bin ich ohne Rucksack unterwegs, obwohl ich letztes Jahr mit dem eigenen Trinkbeutel Vorteile sah. Meine Annahme, der Pacemaker setzt 3-5sec des Zeitpolsters beim Verpflegungsposten ein, ist falsch. Ich habe grösste Mühe, im Gewusel einen Becher zu erhaschen, zu trinken während ich renne, und dies ohne Anschluss zu verlieren. Ohne Trinken geht nicht. Also muss ich schon kräftig investieren, um die paar Meter aufzuholen. Obwohl ich den Becher stets länger bei mir trage (und austrinke) als die anderen um mich, fehlt mir das Gefühl des Durstlöschens völlig. Zu gross ist die Anstrengung. Das wiederholt sich übrigens bei jedem Posten. Nur zwei-drei Mal habe ich überhaupt das Gefühl, in einem angenehmen Tempo laufen zu können. Vergangenes Jahr hatte ich das fast dauerhaft bis Kilometer 25. Das recht gute Wetter macht das Laufen entlang der Weinberge am Lac Léman eigentlich zu einem schönen Erlebnis. Zeitweise ist es mir deutlich zu warm. Die ersten 10 Km passiere ich nach 39:29. Hier weiss ich, wird sind definitiv zu schnell.
gseht weniger busper us
Erst kurz vor Vevey, wo bei Streckenhälfte gewendet wird, kann ich besser mithalten. Vielleicht ist es auch nur der ausgelassene Posten, der mir etwas Lockerheit verschafft. Mutti reicht mir ein Wasserfläschli, von dem ich zügig trinke. Meine Absicht, das Fläschli möglichst weit mitzunehmen, um auf die Verpflegungsposten zu verzichten, begrabe ich schnell. Denn ich bin zu sehr angestrengt, um eine Hantel mitzuschleppen. Saufen und Wegwerfen. Kilometer 21, also die Hälfte, erreiche ich nach 1:26:38. Da sind es nur noch 7 Mitläufer um den Pacemaker. Als ich den 3h15-Pacemaker kreuzte, überlege ich mir, ob er mich wohl einholt, wenn ich den Anschluss an die rote Fahne verlieren würde/werde. Ich weiss jetzt schon, alleine könnte ich diese Pace nie laufen. So ist es dann Thomas, der kurz nach Vevey den Anschluss verliert, für mich überraschend, lief er doch so locker. Per Velokurier (Begleiter einer Läuferin), lasse ich ihm einen Gel zukommen. Auch ich würge einen runter, etwas früher als geplant. Das leichte Auf und Ab heisst, ich muss regelmässig investieren um dran zu bleiben. Es heisst aber auch, bei leichtem Gefälle kann ich mich wieder erholen, wenn auch nur minim.




Es ist der 27. Kilometer angebrochen, wo mein Leiden richtig beginnt. Deswegen suche ich die unmittelbare Nähe zum Pacemaker. So läuft es sich besser als mit einigen Metern Abstand, weil die mir immer das Gefühl des Anschlussverlusts geben. Das Zeitpolster hat sich bei ca. 6-7sec pro gelaufenen Kilometer eingependelt. d. h. die bisherige Pace liegt bei 4:09/4:10. Einmal öffne ich schon früh einen Gel, muss aber mangels Wasser auf den Verzehr verzichten. Als dann der erwartete Posten ausbleibt, schlucke ich das Zeugs unverdünnt. Gäbig. Vor allem das klebrige Maul trägt wenig zu einem besseren Laufgefühl bei. Durstgefühl ahoi. Kilometer 33 passiere ich nach 2:18:06. Erst verschafft mir eine längere Abwärtspassage wieder Luft, dann reduziert der Pacemaker leicht bergauf das Tempo, so dass ich zuversichtlich bin über die nächsten Kilometer. Aber auch das Gefühl ist schnell vorbei, weil ja, es ist halt ziemlich anstrengend...
Blick auf die Uhr: längts??
Bis Km 37 kalkuliere ich ein wenig. Dann merke ich, es sollte reichen mit dem 3h-Finish. Das Polster würde ich nur aufbrauchen, wenn die letzten Kilometer über einer 5min-Pace liegen. Jetzt fühlt sich alles etwas verkrampft an, die Atmung, die Beine sowieso und jeder Zentimeter mit minimster Steigung ist mühsam. Auf Nachfrage bestätigt mir der Pacemaker das Zeitpolster sowie die Absicht eines gemütlichen finalen Kilometers. Den letzten Posten lasse ich zur Aufrechterhaltung des Rhythmus' aus. Dann freue ich mich auf die Abzweigung hinunter zum Zielgelände. Der letzte Kilometer ist angebrochen. Und ja, er zieht sich hin. Schlussprint habe ich keinen mehr auf Lager, brauche ich auch nicht. Dann, nach 2:58:07,09 überquere ich die Ziellinie.
di letzte Meter

es längt miter Sub3-Zit




Die Pipipause, die sich schon lange ankündigte, ist jetzt so was von fällig. Ich hole mir rasch die Medaille ab, wanke am ersten Reparaturposten vorbei und zeige dem Porzellan, wer der Chef ist. Entweder ist es die Erschöpfung oder eine leichte Störung meins Gleichgewichtsgefühls, das noch 2-3 Minuten anhält. Dann hört das Wanken auf. An den Reparaturposten hole ich mir alles mögliche: Wasser, Salziges, Süsses, Gratulationen. Unterdessen weiss ich, solches Zeugs hilft enorm, auch wenn das Durst- und Hungergefühl noch völlig fehlt. Kurz darauf treffe ich den Thomas, der zwar seine Bestzeit verpasste, mit 3h04 aber eine überraschend gute Zeit lief, bedenkt man den fehlenden Pacemaker.




Erst mal hinsetzten und plaudern, dehnen und etwas zu mir nehmen, ja das hilft sehr. Ich freue mich über diese tolle Endzeit. Trotz schlechtem Pacemaker konnte ich die Sache durchziehen. Was die ersten vier Kilometer zu schnell waren, das waren die letzten vier zu langsam. Mir ist's egal. Ich danke trotzdem für die Hilfe, alleine könnte ich wirklich wirklich wirklich nie eine solche Zeit laufen. Ja, dennoch fand ich den Pacermaker schlecht, denn am Ende liefen genau 0 Personen mit ihm ins Ziel. Null.

sehr zfride u erschöpft
Mit dieser 2:58er Zeit beträgt meine durchschnittliche Pace sogar 04:12 pro Kilometer. Damit erreiche ich Gesamtrang 38 von 958 und Kategorienrang 17. Dieser Flachmarathon war mir sehr wichtig. Deswegen ist die Freue gross. Das war heute eine harte Sache, wirklich. Härter als so mancher Berglauf. Dass auf ein fortwährend schlechtes Laufgefühl dennoch ein tolles Endresultat hervorlugt, ist eine neue und ebenso überraschende Erfahrung.
isch de schöner blibe auses zersch het usgse




Ha mini schneuschte Schue agleit,
bi igstige ine Zug.
acho im Land vom Wy- u Fonduegnuss,
bi acho, wos grad uftah het.


Ä erwartigsvoui Hautig, het mis Härz so hert la schlah,
dass i es Biud vo mir gse ha, wini scho im Ziu da stah.


U iz bini in Lausanne,
es isch, aus wäri irgendwie amne Ziu.

I bi in Lausanne,
u es isch es unbeschriblechs Gfüueu.




I ha der Geist vom Kipchoge gse,
obe bim olympische Muesum,
bin ihm nache bis uf Vevey,
ha gwüsst, nache mahnim chum.




Ufem Rückwäg hani afa lide, ha gwüsst, es geit no lang,
no öppe 20'000 Tritte, u de ischs i mire Hand.
Eifach dranne blibe, mir Müeh gä, so fescht i cha,
Gring abe u seckle, de bisch under 3 Stund da.




U de bini wider z'Lausanne,
es isch, aus wärs viu z'schnäu verbi.
I bi in Lausanne
S'isch würklech under 3 Stund gsi


Bis irgendwenn, Lausanne!

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