Saisonhighlight 2020 - Matterhorn Ultraks Sky

«Attack», hetmi Tinu am Vorabe ufgforderet. Auso machemer o Attack! Auf meine vierte Teilnahme am Matterhorn Ultraks freue ich mich ungemein. Erstens stellen die 49 Kilometer Laufdistanz, 3'600 Höhenmeter hinauf und hinunter sowie die maximale Höhe von 3’130 Meter über Meer mich immer wieder auf die Probe, ja es ist mein alljährliches Saisonhighlight. Zweites fieberte ich im Frühsommer regelrecht mit dem Entscheid mit, ob der Lauf überhaupt stattfindet oder wie andere tolle Events ins Wasser fällt. Drittens, es ist Zermatt.


Nun, ich nehme mir vor, etwas schneller zu starten als vor Jahresfrist. Um 07:15 Uhr erklingt dann für mich in der vierten Gruppe des Blockstarts das Startsignal. An zwei Stellen der Sky-Laufstrecke entstand in den Vorjahren Stau, deswegen Reihe ich mich zuvorderst ein. Nach dem Abwurf der Maske beginnt der erste Kilometer durchs Dorf. Ausser, dass ein Läufer regelrecht ab geit wines Zäpfli beginnt alles normal. Mein Puls schlägt schon ein bisschen Höher als sonst. Anfangsnervosität und so. Der Beginn eines solchen Laufes bringt immer ein spezielles Gefühl mit sich, man weiss schliesslich um die vielen Erlebnisse und unterschiedlichen Gefühlslagen, die der lange Lauftag noch bringen wird. Da die anderen Läufer meiner Gruppe verhalten starten, bin ich bald alleine unterwegs. Es fühlt sich an, wie vor einigen Wochen, als ich trainingshalber früh morgens hier unterwegs war, von Competition-Feeling keine Spur. Ich bin dennoch bestens unterhalten, denn anders als im Vorjahr jogge ich die Anfangssteigung hoch. Nach den ersten Kilometern überhole ich die hintersten Läufer der Gruppe, die 5 Minuten vor mir startete. Mir schwant Böses, denn im baldigen Singeltrail, dem flachen Gourmetweg, verliert man im Gedränge unnötig Zeit. Es kommt aber ganz anders, so dass ich ausser gelegentlichen Überholmanövern einsam unterwegs bin. Erst in der Schlusssteigung nach Sunnegga beginne ich zu marschieren, dann beginnt für ein paar Minuten der Gänsemarsch, bei dem sich die Läufer aus nächster Nähe hintereinander auf den Po schauen (gilt nicht für mich, ich widme meine Aufmerksamkeit den ersten Sonnenstrahlen am Zermatter Stockhorn ;-). Auf 2'260m.ü.M. und nach 7,5Km passiere ich die erste Zeitmessung nach 1h01, über 5min früher als im Vorjahr. Zwischenrang 103.


Im kurzen Downhill verpflege ich mich. Wasser mit Geheimfood. Bestens erinnere ich mich an meine erste Teilnahme zurück, als ich genau hier ehrfürchtig den Aufstieg zum Gornergrat in Angriff nahm. Zügig aber ohne zu übertreiben marschiere ich munter weiter, überhole einige Läufer des dritten oder sogar zweiten Startblocks. Sie sind ja alle irgendwie Gleichgesinnte und Gegner zugleich. Heute fehlt der übliche Dulix-Geruch in der Luft, denn die Meute verteilt sich bestens, keine Anzeichen von Gedränge oder Gerangel. Gefällt mir. Das wechselhafte Wetter bringt angenehme Temperaturen mit sich, mal Sonnenschein, mal Wolken, mal ein bisschen Wind, auf der anderen Talseite verhangen und Nebel, das wird sicherlich keine Hitzeschlacht heut’. Noch ohne einen einzigen Schnappschuss erreiche ich bald den letzten Kilometer vor dem Gornergrat. Ich bin nahe am ersten Checkpoint und dennoch so weit weg, denn die Schlaufe in Richtung Hohtälli und der dazugehörige Anstieg über Schutt und Geröll gredi ufe Grat nehmen deutlich mehr Zeit in Anspruch als man meinen mag. Ja, hier in der Todeszone auf über 3’000m.ü.M. spüre ich die Höhe immer ein bisschen. Mit über 12min Vorsprung auf Vergangenheits-Päscu und Zwischenrang 90 pausiere ich kurz. Gänsehaut pur, nicht wegen der Emotionen oder der tollen Gletschersicht, sondern wegen kühlen Temperaturen. Bis jetzt läuft es gut, wenn auch der Start etwas zu schnell zu scheinen mag.

Selbst im Downhill nach Riffelberg begegne ich wenig Mitläufern. Die Wegbeschaffenheit erfordert etwas Vorsicht, die losen Steine verleiten dazu, sich die Gelenke zu verknacksen. Schon wieder vergessen ist die temporäre Müdigkeit im rechten Bein (Dysbalance oder WTF?!), die kurz vor dem Gornergrat auftrat. Im flotten Tempo purzeln die Kilometer. So soll es auch sein, denn ich sage mir, je schneller ich aus der Todeszone raus bin, desto weniger Energie geht verloren. Trailrunning pur, ja so alleine über abwechslungsreiche und schnelle Wanderwege läuft es sich richtig gut! Zwischen Riffelberg 2’582m.ü.M. und der Riffelalp 2’222m.ü.M. tauche ich in eine Nebelbank ein. Die verblüffende und schon fast mystische Stille hilft dabei, alles Unnötige zu vergessen. Wer hier mehr als an Trailrunning denkt, der denkt zu viel. Ich habe meinen Spass, es fägt ungemein. Die 908 Höhenmeter Downhill bis Riffelalp sind innert 34min passé und es geht noch weiter. Am Verpflegungsposten werfe ich etwas Banane und Wasser rein, ich bin schliesslich noch satt vom Linzertörtli. Die Beine sind frisch, wiederum habe ich 5min rausgeholt. Zwischenrang 81.

Auf einen kurzen Zwischenanstieg und flache Passagen folgt der technische Teil der Strecke hinunter zur Hängebrücke. Regentropfen machen die Steine glitschig, die hohen Tritte mahnen zur Gelassenheit. Wo sonst Gedränge herrscht, zottle ich heute einsam weiter. Ganz vereinzelt mache ich Plätze gut, überholt wurde ich höchstens mal am Verpflegungsposten. Nochmal, es kommt mir vor wie ein Trainingslauf, ich meine das im Positiven. Vom Gornergletscher tost Schmelzwasser durch die Schlucht, hier will ich weder baden noch böötle. Bald überholt mich der Leader der kürzeren Distanz in irrsinnigem Tempo. Ich befürchte schon, der nächste Streckenabschnitt wird demotivierend, wer will schon ständig überholt werden. Zu zweit passieren wie die Hängebrücke, Zeit für ausschweifende Rundumblicke fehlen heute. Nach 3h46 erreiche ich Furi 1’867m.ü.M., Zwischenrang 73, der Zeitvorsprung auf meine 2019er Zeit beträgt 23min.

Der folgende, heftige Anstieg zum Schwarzsee auf 2'583m.ü.M. hat es in sich. Hier zeigen sich Reserven und Energiehaushalt. Ich spüre etwas Müdigkeit und verhärtete Beine. Nun, gleich zu Beginn ist der Weg wohl am steilsten. Entsprechend wähle ich ein Tempo mit Reserve, zu gross das Risiko, mich hier auszupowern. Zwischenzeitlich flacht der Weg ab, ich fühle mich bestens, überhole ein paar wenige, manchmal leidende Läufer. Mit frischen Beinen liesse es sich natürlich wesentlich besser marschieren, ja hier könnte ich bestens hochjoggen wie die Topläufer der kürzeren Distanz. Aber eben, bald erreiche ich die 30km Marke und ja, einige Höhenmeter habe ich schon hinter mir. Deswegen überrascht mich, in diesem Aufstieg, kaum überholt zu werden. Der Schlussanstieg raubt nochmals kräftig Energie, ä Souhund isches. Ja, die Laufzeit für diesen einen Kilometer behalte ich für mich... Ich fühle mich ziemlich gut, habe genügend getrunken, die kurzen Hungergefühle sind auch wieder verschwunden, dennoch tritt etwas Müdigkeit auf. Ob mir Salz oder Zucker fehlt, weiss ich nicht wirklich, aber der Verpflegungsposten und somit auch der nächste Checkpoint ist bald erreicht. Zwischenrang 79, Zeitvorsprung 29min. 20 Kilometer to go. Hier beginnt sozusagen ein neues Rennen.


Bouillon ist der Hit. Auch heute hilft mir das Gesöff mich wieder besser zu fühlen. Hinunter zur Stafelalp würde ich gerne schneller unterwegs sein, ja ich ahne schon einen Einbruch. Erst mit etwas Hirnschmalz kommen die Erinnerung an die Vorjahre und die damaligen Ermüdungserscheinungen, die ja völlig natürlich sind. Alles gut, ich bin auf Kurs. Positiv bleiben und weiter geht’s. Nun zeigt sich wieder die Sonne, ja es drückt richtig. Wolken und Nebel weichen, das Matterhorn zeigt sich. Hier unten im steinigen Flussbett wird mir ziemlich heiss. Das ändert sich auch nicht bis zum Beginn des Höhenwegs. Eigentlich heisst er ja Teufelsweg, denn ich bin seit meiner ersten Teilnahme auf Teufelskurs mit diesem nie enden wollenden Anstieg, der erst spät einem (eigentlich) geilen Trail weicht. Das «eigentlich» ist optional, denn wer gegen 40Km und über 3'000Hm in den Beinen hat, der weiss wovon ich spreche. Nun mache ich mal wieder die Erfahrung von Müdigkeit, die solche Distanzen einfach mit sich bringen. Sie widerspiegelt sich in bescheidenen Tempo im Flachen, etwas Unzufriedenheit und fehlenden Möglichkeiten zur Temposteigerung. Es ist die Vorstufe von Leiden, wovon ich schon noch ein bisschen entfernt bin. Leiden muss auch nicht unbedingt gleichbedeutend sein mit Lahmen. So motiviert mich stets der zwischenzeitliche Zeitvorsprung. Solche positiven Gedanken sind wie Stimmungsanker. Imposant, ja majestätisch thront das Matterhorn im Nacken, wobei das Smartphone gut im kleinen 3-Liter-Rucksack verstaut ist und es auch bleibt. Iiiiirgendwann endet auch der schier nie enden wollende Teufelsanstieg, der flache Abschnitt beginnt bei Höhbalmen 2’665m.ü.M. Hätte ich mehr solche Distanzen in den Knochen, liesse es sich besser leiden, ergo schneller rennen. Ich hadere aber nicht, sondern mache einfach weiter. Es geht nun bergab, nicht psychisch, sondern der Wegverlauft verläuft zunehmend steiler hinunter zum Hotel du Trift. Vorher fordere ich einen Läufer auf, wieder aufzustehen, denn will er aufgeben, obwohl es nur noch geschätzte 150 Höhenmeter hinaufgeht.

Kilometer 41,6 und 36min Vorsprung, Zwischenrang 74. Wer es bis hierhin schafft, der schafft es ins Ziel. Meinen 3dl-Beutel fülle ich dreimal nach, dazu gibt’s eine Orange, die wirklich erfrischt. Dann nehme ich voller Vorfreude den allerletzten Abschnitt in Angriff. Das Weglein mit leichter Steigung wäre rennbar, aber es fällt mir heute schwer ... zu schwer. Also nehme ich marschierend die Wanderwegbeschilderung in der Ferne in den Fokus. Ab dort geht’s schliesslich nur noch bergab. So still und einsam das Rennen bisher war, so wenig Gedanken schiessen mir heute durch den Kopf, es herrscht sozusagen Gedankenstille. Deswegen erreiche ich fast unbemerkt den letzten Peak und nehme den Downhill in Angriff. Die Ränge sind bezogen, mini Bei möge scho no – dennoch ist es Zeit, die letzten Meter zu geniessen, nur keine Hektik oder Risiko mehr. Der Wisshornweg durch die Lawinenverbauungen gefällt mir gut. «2km to go» lese ich früher als erwartet, dann geht alles plötzlich schnell. Bei strahlendem Sonnenschein biege ich in die Bahnhofstrasse ein, höre die Lautsprecher im Zielgelände. Die letzten Meter sind schliesslich die leichtesten...

Nach 7h24 erreiche ich das Ziel. Die Bilanz: Kategorienrang 26 von 150, Gesamtrang 73 von 500 Teilnehmern. 39:22 Minuten Zeitvorsprung aufs Vorjahr. Der schnellere Start hat sich als grosser Hebel dargestellt, nicht nur zeitlich, sondern als Motivation zerrte ich während des Laufes immer wieder vom grösser werdenden Zeitpolster. In guter Verfassung fachsimple ich mit meinen Liebsten im Zielbereich, lasse die Geschehnisse noch einmal Revue passieren und freue mich selbst ab meiner Leistung. Selbst-Highfive! Ein paar Deziliter Boullion, zwei Snickers, ein Linzertörtli, ein Stück Banane, 3 Energiegels, eine Orange und rund 3 Liter Wasser trugen mich schadlos über diese wunderbare Strecke. Ein geglücktes Saisonhighlight, auf das ich mich monatelang freute, liegt nun schon in der Vergangenheit. Der Matterhorn Ultraks ist was er ist: hart – phänomenal – und mein liebster. Ein birebitzeli ärgert mich, meine gute Form dieses Jahr leider nicht am Jungfrau Marathon zeigen zu können. Bevor ich mich weiterärgere, ist es endlich Zeit für ein Pasta-freies Essen. Der Rest des Wochenendes gilt der Erholung für Seele und Körper. Halleluja!

PS: am Folgetag fühlen sich meine Beine so gut an wie noch nie nach dem Ultraks. Die 14 Trainingseinheiten am Niesen scheinen geholfen zu haben.

PPS: bis gli, Zermatt.


eins, zwei, drei - Bernerberglaufcup schon vorbei

07.08.2020
Vergangenes Jahr nach ich vereinzelt am Berner Berglaufcup teil. Auch dieses Jahr freue ich mich auf diese kurzen, dafür intensiven Läufe.

Gurten, 03.08.2020, 3,6m, 310Hm
Wettkämpfe sind toll, umso mehr weil heuer viele Events infolge Corona ins Wasser vielen. Die einfache Organisation wirkt irgendwie charmant, es dürfte also gut mehr davon geben. Von der Talstation Gurten via Gurtendörfli auf den Gurten heisst auch, es geht gleich richtig los über die Asphaltstrasse hinauf. Streng die erste Steigung, die ich noch zurückhalten überwinde, bis ich nach ein paar Hundert Metern das Tempo anziehe. Es ist immer wieder eindrücklich, wie die vorne wegziehen. Das Niveau ist nach meinem Empfinden hoch. Auch dieses Jahr fehlen mir solch kurze, heftige und schnelle Läufe, das ist aber in der Summe egal. Item. Der Teil über den steileren Wanderweg macht mir etwas zu schaffen, ich verliere wieder Plätze. Zwar jogge ich hier öfters, doch kenne ich die genaue Strecke zu wenig. Mit etwas Weitsicht erkenne ich die minimale Steigung, auf der ich etwas aufdrehen kann. Ja dann kommt nur noch der kurze Schlussanstieg zum Ostsignal. Die 4'700 Höhenmeter aus den letzten 5 Tagen spüre ich so nicht direkt, aber sie rauben sicherlich etwas die Frische ;-). Laufzeit 19min28, Pace 05:24, bescheidener Gesamtrang 55 von 161 und Kategorienrang 21. Nun, das war heftig, ein zügigerer Start wäre drin gelegen. Doch so kurze Läufe geben einem doch immer das Gefühl, es ginge schneller... einfacher gedacht als gemacht ;-) 



Bütschelegg, 04.08.2020, 5,3m, 520Hm
Tag zwei stellt die Königsetappe dar. Von Toffen oder so geht's auf knapp 1'000m.ü.M. Ich habe mir die ersten 1,5km genauer angeschaut und freue mich deswegen mehr auf denjenigen Streckenteil, der mir noch unbekannt ist. Wieder ein Start in der Steigung, hässlich. Nach einigen Metern nimmt die Steilheit zu, ich versuche hier unbeschadet durchzukommen und lasse mich deswegen «gerne» überholen. Generell gehe ich den ersten Kilometer vorsichtig an. Über eine Wiese mündet die Strecke bald in den Wald hinein, wo ich mich richtig über diese Art von Laufen freue. Heftig, kurz, intensiv, schnell, pur, simpel. Es bilden sich kleinere Gruppen, wobei ich jeweils Vorteile entdecke, wenn Steigungen ins Flache übergehen. Heute fallen mir mal wieder die unterschiedlichen Laufstile auf, lustig. Jedenfalls schiesst mein Puls in ungeahnte Höhen, für den eigentlich angenehmen Schlussteil fehlt mir etwas die Puste, so dass mich wiederum Rang 55 erwartet. Laufzeit 31min13, Pace 06:04, Kategorienrang 20. Heute lag wirklich mehr drin am Start und flacheren Mittelteil. Aber was sind schon 30 Sekunden... Ich verweile kurz im Ziel und jogge die identische Strecke zurück, dabei merke ich, wie lange 5 Kilometer super langsam joggend sein können.



Ulmizberg, 07.08.2020, 3,7km, 310Hm
Heimspiel. Auf dem Ulmiz war ich oft, ich kenne fast die ganze Strecke. Deswegen freue ich mich besonders auf die letzte Etappe der diesjährigen Austragung. Vorgestern war ich noch auf dem Zermatter Stockhorn und gestern auf der Skipiste, eine geile und anstrengende Woche geht langsam zu Ende. Das soll übrigens keine Ausrede sein, denn für diese kurze Strecke muss und kann man die Müdigkeit ein bisschen unterdrücken. Egal. Am Start beim Schiessstand bin ich eingeklemmt, was meinen Vorsatz für einen zügigeren Start zunichte macht. Dann nimmt die Steigung etwas zu, es winkt aber schon bald ein kurzes Abwärtsstück zum Verschnaufen. Die folgende leichte Steigung gefällt mir gut, ich hole etwas auf und habe ein gutes Gefühl. Im Frühling war ich öfters hier und ich überlege mir, gelegentlich mal wieder hinzukommen für Gas z'gä. Interessanterweise verliere ich Zeit im Flachen, wo ich sonst aufhole. Hmmmm. Dann lege ich wieder zu, überhole vor der Treppe noch, damit ich ohne Verkehr den Schlussteil in Angriff nehme. Selbst beeindruckt über meinen Schlusssprint ziehe ich an ein paar Typen vorbei, das erwartete Übersäuern der Beine lässt auf sich warten, so dass mir das Finish ein richtig gutes Gefühl gibt. Da kommt ja wirklich noch einiges aus meinen Beinchen. Beim Zieleinlauf ziehe ich ein positives Fazit, denn das war wohl der beste der drei Läufe, auch wenn es sich mit Gesamtrang 53 und Kategorienrang 20 Resultatmässig wenig widerspiegelt. Laufzeit 19min59, Pace 05:24. Gegenüber dem Vorjahr war ich eine Minute schneller, ist doch toll.


Fazit: Es geht mehr, definitiv. Dafür sollte und könnte ich sicherlich schneller starten. Sollte und Könnte waren beides einsame Loser. Die Intensität ist hoch, das bin ich mir Zuwenig gewohnt. Insgesamt bin ich zufrieden, denn die Läufe fäge wine Moore. Immer wieder bin ich beeindruckt über die Zeiten der anderen Läufer. Gerne bin ich nächstes Jahr wieder dabei.


Trailrunporn aufs Zermatter Stockhorn 3'532m.ü.M.

05.08.2020
Heute scheint die ganze Welt in Zermatt Gast zu sein, denn so viele Menschen habe ich hier noch nie gesehen, auch die 50m Schlange vor der Gornergratbahn und die Hoteldame bestätigen das. Jedenfalls sollen es zwei Tage in Zermatt sein, geilo. Ich habe mir heute eine Teilstrecke des Matterhorn Ultraks Sky und einen Hoger vorgenommen, auf dem ich noch nicht war, nämlich das Zermatter Stockhorn. Mittags ist es noch etwas frisch als ich mit meinem neuen 3-Liter-Rucksack in Richtung Sunnegga starte. Schon nach wenigen Minuten erreiche ich eine unscheinbare Abzweigung: Matthorntrail, sagt die Beschilderung. Dieser Trail stellt eine Trainingstrecke mit 608 Höhenmeter auf 1'250m Distanz dar. Das ergibt eine Steigung von über 48 %. Anhand der Zeitentabelle erhält man eine Einschätzung, ob die eigene Form für eine Matterhornbesteigung ausreichen würde. Eh chum, dä näme mir... Über einen steilen Pfad komme ich ziemlich ins Keuchen, nicht am Limit, aber der Weg ist streng. Immerhin hilft der Schatten, dass mir hier keine Bäche über den Rücken abesüdere. Ich komme immer besser in Fahrt, bis ich irgendwann die Waden spüre. Der Weg verläuft direkt über der Sunneggabahn, gredi gredi, so gredi, dass hier jährlich Vertikal-Wettbewerbe stattfinden. Als der Weg abflacht, entdecke ich das Zielschild, deswegen jogge ich noch die letzten Meter. Wer mehr als 60min benötigt, dessen Form genügt nicht, 46-60min sind mittelmässig, 45min passen. Meine Uhr zeigt erfreuliche 29min an, nun habe ich für den Rest des Tages Zeit mich mit der Matterhornbesteigung auseinander zu setzen ;-) Das war doch schon mal ein geiler Start.

Zermatter Stockhorn 3'532m.ü.M.

Ab Sunnegga folge ich meiner ursprünglich geplanten Route, es geht bergab am ersten Seelein und Touristenscharen vorbei. Bis hinunter zum Skilift begegne ich noch einigen davon, bis dann eingangs Wanderweg wieder Einsamkeit einkehrt. Es scheint, heute ist fast niemand auf diesem Anfangsstück des Ultraks unterwegs. Zügig marschiere ich hoch, alles fühlt sich locker an. Im Winter fahre ich hier gerne die schwarze Piste runter, eine von wenigen im gesamten Skigebiet. Vor der nächsten Steigung schnappe ich mir beim Restaurant noch einen Liter Wasser, dann geht's richtig los. Ein prächtiger Tag und angenehme Temperaturen machen mir richtig Freude über diesen steilen Aufstieg. Bald zeigt sich auch das Matterhorn, ehe der Gornergrat und das Hohtälli ins Bild rücken. Nochmals entdecke ich einen kleinen Schmelzwassersee, in dem ich mir nasse Füsse und ein schönes Horubild hole. Dann geht es über die hässliche Skipiste, wiederum vorbei am künstlichen See.
Zermatt = trailrunners paradise

kurz nach Sunnegga

Aufstieg zum Gornergrat

Der nächste Aufstieg über Geröll bedeutet dann auch, dass die 3'000m Grenze überwunden ist. Hier oben auf dem Gornergrat, einige hundert Meter hinter dem Aussichtspunkt für Touristen, bin ich fast alleine. Unter mir liegt der mächtige Gornergletscher, darüber thronen einige 4000er. Prächtig! Ein paar Minuten verweilen, dann geht's weiter. Der Wegverlauf ist einfach, immer alles dem (noch) breiten und präparierten Grat entlang. Bald erreiche ich eine meiner Lieblingsskistationen, das Hohtälli auf 3'286m.ü.M. Hier ist es still, es pausieren zwei Wanderer, die hier wieder umkehren. Ich folge weiter dem weiss-blau markierten Gratverlauf, der nun steiniger aber nie abschüssig wird. Nicht nur wegen der Höhe, sondern vor allen wegen dem losen Untergrund bin ich langsam unterwegs. Dunkelrotes Gestein, häufig locker bis blockig, prägt nun den Wegverlauf. Gelegentlich verliert sich der Weg, findet sich aber schnell wieder, oder aber es gibt mehrere Wegspuren. Ich weiss schon jetzt, da habe ich eine tolle Route ausgesucht: zwar trüben die alten Skiliftinstallationen das Bild etwas, die Einsamkeit sowie die Höhe, der lose Untergrund, die Gletschersicht und die Leibwache der 4000er machen das mehr als wett.
zweiter See

dritter See

toller Wegverlauf

äs geit no chli ;-)

Rote Nase und Station Stockhorn

chum mir mache schnäu es Fährtli...

Die Rote Nase ist schnell passiert. Heisst diese alte Station auf französisch nez rouge? Es wird steiniger, verlassener, Wegspuren sind vorhanden. Das Leichte auf und Ab macht richtig Spass. Ein letzter Aufschwung bedeutet dann auch, dass ich die Stockhornstation erreiche, links liegt unberührt der Trifjigletscher. Irrtümlicherweise sagt die Beschilderung, dass ich mich bereits auf dem Stockohorn befinde, das ist aber falsch. Ich folge also weiter dem dunklen Gratverlauf, der letzte Aufschwung  zum Stockhorn ist unverkennbar. Heute bin ich durstig, obwohl ich mich anfänglich nicht mal verausgabte. Der entgegenkommende Welschen kommt meinem Bedaf nach Wasser tatsächlich mit 4dl nach. Hier bei der Schneewächte und am Gletscherrand liegt Neuschnee von Vorgestern, diesen presse ich in meine zwei Trinkbeutel und lasse ihn schmelzen. Die letzte Passage über Schnee sorgt für kühle Füsse. Dann erreiche mein heutiges Tagesziel, das Zermatter Stockhorn auf 3'532m.ü.M. Weiter geht's nicht mehr (für mich) und näher komme ich der Dufourspitze auch nicht ;-). Die fantastische Rundumsicht lasse ich einen kurzen Moment wirken. Bilder sagen mehr als meine Worte.
chli ruppig

di letzte Meter zum Stockhorn

Blick zurück

Päscu in Action

zfride

Nach ein paar Minuten mache ich mich auf den Rückweg, denn ich weiss schon, dass ich etwas spät dran bin. Den Wegverlauf hatte ich mir weniger technisch, also auch schneller, vorgestellt. Ich beeile mich, mache noch ein paar Fotos und schaue mal den Fahrplan der Gornergratbahn. Zügig husche ich über die losen Steine, hole mir hier und da ein paar Schürfungen ab, stolpere gelegentlich und fülle nochmals etwas Schnee in meine Beutel. Schnellen Schrittes gehts dem Grat wieder retour via Stockhornstation, Rote Nase, Hohtälli. Hier mache ich den Fehler und höre nicht auf mein Bauchgefühl, denn entlang der planierten Skipiste wäre ich zügiger unterwegs als über den steinigen, direkten Grat. So passiert es dann, dass ich am Gornergrat die stündliche Bahn knapp verpasse, hoppla. Ich folge dem direkten Weg nach Rotenboden und Riffelberg, wo ich jeweils den Zug knapp vor mir abfahren sehe. Den hätte ich gekriegt, hätte ich beim Hohtälli eben die Skpiste genommen. Ebenso in die Hose geht meine Überlegung, beim Riffelberg die Gondel nach Furi zu nehmen, denn sie fährt gar nicht mehr. Also bleibt mir nur noch übrig, bis nach Zermatt runter zu joggen. Ich hatte es mir anders vorgestellt, als 2'000 Höhenmeter wieder runter zu joggen. Wasser habe ich auch keines mehr und der Kiosk ist geschlossen, henusode. Bei der Riffelalp herrscht Einsamkeit und Stille, die Touris sind alle schon gegangen, das Restaurant geschlossen. Nun merke ich, dass der Staub und Stein in meinem Schuh davon kommt, dass die Sohle sich komplett vom Schuh löste. Toll. Dass meine Trailschuhe kurz vor der Rente stehen, war mir klar, dass sie sich jetzt so auflösen, ist gaga. Egal. Ich beeile mich nach wie vor, wähle den direkten Weg nach Winkelmatten, wo ich die letzten Sonnenstrahlen spüre, bevor ich am Bahnhof Zermatt ankommen. Hier geht meine Eile weiter, denn ich hatte vor 13 Minuten eine Verabredung zum Abendessen...

der höcht Schwizer im Hintergrund: Dufourspitz

hier möchte ich jeden Tag hinkommen

Retourweg via Gornergrat

adios Schueh

Das war heute ein super Run! Den Matterhorntrail hatte ich längst mal machen wollen, aber immer wieder vergessen. Er war eine willkommene Abwechslung zum überlaufenen Wanderweg. Ich komme mal wieder um versuche ans Limit zu gehen, da liegen sicherlich noch ein-zwei Minütchen drin; der Rekord liege übrigens bei 17min. Dass noch Bergeseefotos drin lagen ohne Menschenmengen mit zu fotografieren, das war die zweite positive Überraschung. Die Teilstrecke des Ultraks konnte ich ebenso abhaken ,*freu*. Der leichte Wassermangen und meine Verspätung waren natürlich unschön und ungeplant. Dafür entschädigt die teilweise schöne und insbesondere einsame Strecke zum Stockhorn. Die Aussicht verdient absolute Höchstnoten. 5h31 Laufzeit, 31km Distanz und 2'500 Höhenmeter hinauf und wieder hinunter ist das Ergebnis in Zahlen. Von solchen Runs will ich mehr. So, iz wird gmampft u morn geits uf d'Ski! Zermatt, immer eine Reise wert...
giftigs Gländ für di super dünne Schüehli

Panorama Zermatter Stockhorn



Rundumsicht Zermatter Stockhorn

müde und verletzt aufs Mettelhorn 3'406m.ü.M.

23.07.2020
Wecker um 03:45 Uhr, Zuhause losfahren um 04:10, erster Autoverlad am Lötschberg um 05:20. Es ist früh, unheilig und unheimlich. Weil die Tage Gewitter angekündigt sind, geht's heute früh los. Ab nach Zermatt, Jaman! Mein Tagesziel ist noch nicht abschliessend definiert, aber zuerst plagen mich andere sorgen. Denn just vor Täsch habe ich einen Müdigkeitsanfall und pfuse während der Fahrt fast ein. Unmöglich kann ich so losjoggen. Also nehme ich noch einen kurzen Nuck im Parking.

Schmelzwassersee im Gletscher
Schmelzwassersee im Gletscher

Bei kühlen Temperaturen und noch ohne Sonnenstrahlen starte ich beim Camping Täsch. Die ersten 4000er sind bereits von Sonnenstrahlen geküsst, darauf muss ich noch einen Moment warten. Mir gefällt die morgendliche Stille hier am Bach entlang, das Gras ist noch feucht, schwitzen tu' ich kaum. Ein wunderbarer Tag kündigt sich an. Die Strecke bis Zermatt, es sind gegen 5 Kilometer, kenne ich bestens aus den letzten Jahren, sei es vom Zermatt-Gornergrat-Marathon oder von Trainingsläufen. Rund eine halbe Stunde lang habe ich Zeit aufzuwachen, dann erreiche ich nämlich die Abzweigung zum Weisshornweg.

traumhafter Trail
traumhafter Trail

Poser ;-)

Furggji

weiterer Wegverlauf

Läuft man ins Mattertal hinein, verläuft der Weisshornweg rechts eben hoch zum Weisshorn. Er kennzeichnet auch den letzten Abschnitt von meinem Lieblingslauf, dem Matterhorn Ultraks, allerdings eben in entgegengesetzte Richtung. Nach dem ich noch versehentlich einen grossen Schnägg vertschaupet habe - er hätte diesen schönen Tag sicherlich verdient - geht's los mit der Steigung. Ich nehme es gemütlich, marschiere mal, secklä mal. Ein wunderbarer Trail mündet bald in die Lawinenschutzverbauungen ein. Hier gönne ich mir ein Päuschen, knabbere was und geniesse die ersten Sonnenstrahlen. Statt der Laufstrecke des Ultraks zu folgen, wähle ich den Weg bergauf. Es joggt sich gut hier, flacher als zu Beginn. Die kühle Luft hilft, hier nicht schon im eigenen Schweiss zu baden. Die Strecke flacht dann ab und mir zeigen sich endlich die nächsten paar Laufkilometer: ein Plateau, ein paar Schneefelder und vermutlich das Platthorn sehe ich vor mir. Und nun sehe ich auch die ersten Menschen. Gerade als ich zügig um die Ecke komme, treffe ich erstmalig überhaupt einen Wanderwegunterhalter an. Er bemalt gefühlvoll Steine mit dem typischen Weiss und Rot für Bergwanderwege. Ein kurzer Schwatz und dann geht es weiter. Vorbei an Schwarznasenschafen endet das Platteau bald, die Steigung beginnt.

Blick zurück zum Schneefeld

Querung des Hohlichtgletschers zum Mettelhorn


Über einen schönen Weg mit lockeren Steinen freue ich mich auf das folgende Schneefeld. Gute Trittspuren machen das Gehen mit Laufschuhen einfach. Erst als die Steilheit zunimmt und ich versehentlich einen anderen Weg wähle, montiere ich meine Spikes, denn links ist es etwas abschüssig. Nach einem längeren und zunehmend steilen Schneefeld erreiche ich den Wegweiser am Furggji. Hier bin ich nicht alleine, trotz schnellerem Tempo pausiere ich wiederum kurz und lasse den zwei Francophonen den Vortritt. Der Schmelzwassersee im Gletscher sieht beeindruckend aus, weswegen ich mein Päuschen etwas verlängere. Rechts wartet das Platthorn, geradeaus verläuft der Weg über den Gletscher zum Mettelhorn. Ich wähle zuerst letzteres, obwohl eine kleine Wolke sich darum schlängelt. Dann nehme ich den Weg über den Gletscher in Angriff. Abwechselnd joggend und marschierend läuft es sich mit Spikes leicht, die Wegspur ist klar und gut ausgetreten. Das Paar habe ich kurzum ein- und überholt. Gletscher, wow, die gefallen mir einfach. Nach ein paar Minuten ist der Gletscher passé und mich erwartet der steile Schlussanstieg. Im Zickzack geht's nochmals einige Höhenmeter hinauf, ich bin etwas müde und spüre die Höhe, die mir Luft und Kraft raubt.
schöner Fund

Nach 2h38 erreiche ich das Mettelhorn auf 3'406m.ü.M. Ein Gipfelkreuz gibt es nicht, nur eine unscheinbare Plakette. Selbst, wenn es ein Gipfelkreuz gäbe, es wäre nicht sichtbar im Nebel. Ja es ist so, ich sehe keinen Meter, es zieht zudem und ist frisch. Für wenige Sekunden sehe ich ein paar Berge, das ist es aber auch schon. Auf der Webcam des Gornergrats sehe ich, dass im ganzen Mattertal nur eine einzige Wolke herumdüst. Eine einzige. Eine. Und die ist genau hier bei mir auf dem Mettelhorn. Toll. Schliesslich friere ich eine Weile und warte fast eine Stunde, bis sich die Wolke auflöst und sich das ganze Alpenpanorama zeigt. Zwischenzeitlich sind einige Wanderer gekommen und wieder gegangen. Ach seht selbst her, was die Aussicht zu bieten hat.
fantastisches Panorama

Matterhorn von seiner schönsten Seite

Dann mache ich mich auf den Rückweg, zuerst joggend den Schlussaufstieg wieder hinunter, dann retour über den Gletscher. Hier zieht es mir in der linken Wade. Nun biege ich auch noch ab auf das Platthorn, welches ich in wenigen Minuten erreiche. Hier auf 3'345m.ü.M. zeigt sich wunderbar das Matterhorn, sozusagen von seiner schönsten Schokoladenseite. Mit etwas Schmerzen in der Wade mache ich mich auf den steinigen Rückweg, montiere für das Schneefeld wiederum die Spikes. Der Schnee ist nun weicher, nicht aber praktischer zum Joggen. Unten beim Plateau liegen die Schwarznasenschafe auf dem letzten Bitz Schnee, wie idyllisch das doch aussieht mit dem Matterhorn im Hintergrund. Ich folge nun nicht mehr dem Hinweg, sondern biege ab zum Hotel du Trift.
sieht gemütlich kühl aus

Die Wadenschmerzen intensivieren sich, dehnen und massieren nützt nichts. Dazu kommt, vermutlich wegen meiner leidenden Haltung, dass mein linkes Knie auch beginnt zu schmerzen. Es scheint, mein Sturz vom Eiger Trail hatet doch etwas kaputtet. Leidend und entsprechend langsam trödle ich den schönen Wanderweg runter. Meinen optionaler Abstecher zur Rothornhütte kann ich so vergessen. Im Hotel du Trift kehre ich kurz ein, nehme ein Bullion zu mir und mache mich anders als geplant auf den direkten Weg nach Zermatt. Auch hier wollte ich eigentlich noch einen Umweg über den schönen Höhenweg machen - undenkbar mit dieser Wade, die mich glauben lässt, jede Sekunde könnte es den Muskel verjäte. Kaum noch schneller als Wanderer muss ich mir eingestehen, das erste Mal übel dran zu sein mit Beschwerden. Den Wegverlauf nehme ich kaum noch war. Es ist so mühsam, so dass ich froh bin, bald das Dorf zu erreichen. Als es soweit ist, stoppe ich meine Aktivität auf der Uhr und traure schon dem verpassten Nachmittag nach, den ich eigentlich noch vor mir hatte.
Blick vom Platthorn auf den Schlussanstieg des Mettelhorns

Nach einer kurzen Dehnübung, die nichts bringt, steige ich in den Zug nach Täsch. Mudrig und mit schmerzender Wade und blockierendem Knie mache ich mich auf den Rückweg. Die Knieschmerzen nehme später noch zu. Im Autoverlad schaue ich mir die Bilder dieser tollen Strecke nochmals an und bin dennoch zufrieden mit dem heute Erlebten. 2'110 Höhenmeter und «nur» 24 Kilometer liegen hinter mir. Der Weisshornweg (ohne Weisshorn selbst) gefiel mir enorm gut, das alpiner werdende Gelände, die Gletscherquerung und der Schlussanstieg zum Mettelhorn sind eine Pracht. Ich kam auch der Aussicht wegen, die auf dem Mettel- wie auch Platthorn Sondergleichen sucht. Sehr eindrücklich, wirklich. Mangels Bergbahnen zeigte sich diese Streckenwahl als hervorragende Entscheidung, denn die Anzahl Menschenbegegnungen war wirklich bescheiden. Gerne hätte ich diesen prächtigen Tag und die schöne Strecke noch mehr ausgekostet, leider ging das nicht. Ich bin trotzdem froh, so früh aufgestanden zu sein, es hat sich wahrlich gelohnt. Nun kümmere ich mich um mein linkes Bein, mal schauen, was die nächsten Tage bringen...

Trailrunning vom Feinsten

positiv überrascht - Eiger Trail Surprise

18.07.2020
Heute bietet sich mir die erste Gelegenheit des Jahres, eine Startnummer überzuziehen und direkt gegen andere zu laufen. Ich freue mich sehr, denn die vielen Absagen von Veranstaltungen streichen eben nicht einfach nur Termine aus dem Kalender, sondern wunderbare Erlebnisse. Vor einem Jahr absolvierte ich hier in Grindelwald den 51km-Lauf. Später im Herbst ärgerte ich mich darüber, bei der Auslosung der Startplätze fürs 2020 leer ausgegangen zu sein. Ja ich hätte sogar den Startplatz für den 100km-Lauf genommen ;-) Auch so gesehen ist die Tatsache, heute am Eiger Trail Surprise 2.0 für immerhin 22km und rund 1'300Hm überhaupt die Laufschuhe schnüren zu können doch schon eine positive Überraschung.
ein Stück Eiger für alle Finisher
Übrigens schaffte ich es im aller letzten Moment auf die Startliste, denn der Bezahllink landete ohne meine Kenntnis im Spamordner und ich war meinen Startplatz eigentlich schon los, bevor ihn überhaupt hatte. Anfangs Woche hetzte ich noch zwei Mal auf den Niesen - natürlich im Glauben, den Startplatz verloren zu haben - mal schauen ob meine Beine heute dennoch bereit sind. Aber es kam wiederum eine positive Überraschung, so dass mich die Organisatoren auf die Startliste setzten. Darum stehe ich jetzt in Grindelwald und lasse mich nochmals überraschen. Warum das? Nun, die genaue Strecke bleibt bei diesem Lauf eben eine Überraschung, es wird lediglich das Höhenprofil publiziert. Selbstverständlich recherchierte ich und konnte die Strecke mehr oder weniger genau ermitteln. Dennoch ist mir jeder Streckenmeter neu. Nichts als Überraschungen also.
Startklar
Alle 20sec starten zwei Läufer. Ich bin mit Startnummer 287 von rund 300 Läufern erst gegen Ende dran. Beim Aufwärmen war ich noch erstaunt, wie viele Läufer nach dem Startschuss eher gemütlich starten à la Ultra-Marathon. Aber spätestens die paar Läuferinnen direkt vor mir machen einen zielstrebigeren Eindruck. Auch was die Ausrüstung betrifft, so nimmt die Menge an Accessoires wie Stöcke, Trinkbeutel und weiterer Schnickschnack mit jeder Startnummer tendenziell ab. Erst gestern kaufte ich mich für kurze Distanzen noch einen neun Trailsack: statt 17 Liter Packvolumen verfügt der neue über 3 Liter. Weniger ist mehr (gilt übrigens nicht für Geld, Zeit, Sex, Glück, Humor und Nutella).




Um 10:16 Uhr hopse ich los. Mein Mitstarter fehlt, also jage ich die beiden Damen vor mir alleine. Sie sind ziemlich schnell, denn für KM1 aus dem Dorf hinaus, mal leicht bergauf und leicht bergab, zeigt meine Uhr eine Kilometerzeit von 03:45 an. Nach KM2 beginnt der Aufstieg, aber hier überhole ich eben diese beiden Damen und auch andere Läufer. Zu Beginn halte ich meinen Vorsatz, heute alles zu joggen, locker ein. Auch wenn der Start ä chliii zu schnell war. Von den 6Km Aufstieg sind 2 davon steiler, meinte ich. Während ich fleissig überhole, hängt mir dennoch bald der erste Läufer an den Fersen. Später lässt er mich wissen, dass er zwar schneller sei, mein gemächliches Tempo allerdings gut sei für seinen Puls. Also trabe ich weiter. Vor ihm. Und sehe ihn nie wieder. Tja. Vorbei am Restaurant Marmorbruch gefällt mir die Passage über die Steinplatten. Ob es am Niesen, am zu schnellen Start oder an etwas anderem liegt, weiss ich nicht, jedenfalls muss ich marschieren. Diese Tatsache gefällt mir zwar wenig, aber ich speichere sie als «Energie sparen» ab. Als der Weg abflacht, überholen mich drei Läufer, deren Tempo wirklich irr ist. Mehr dazu später. Die leichte Steigung passt mir wieder besser und auch der Streckenverlauf, abwechselnd technisch und dennoch insgesamt flowig, gefällt mir gut. Nochmals ziehen ein paar an mir vorbei, beeindruckend. Die Zeit geht schnell vorbei und es wartet der erste kurze Downhill nach Alpiglen.
in Action
Ab ein paar Steinplatten knicke ich halb ein und stosse mir die Kniescheibe an. Zum Glück fiel ich hier nicht mit Schwung um, sonst würde das Knie anders aussehen als ein paar Blutflecken. Dennoch schmerzt es ziemlich und ich lahme etwas. Ich stelle mir die Frage, ob es mich nur stört oder auch behindert. Kurz darauf passiere ich den Verpflegungsposten und fülle 4dl Wasser nach. Ab hier geht's moderat bergauf und ich jogge wieder. Der Schmerz lässt nach und es behindert mich nicht wirklich. Knapp hinter mir kämpft sich eine der beiden Läuferinnen durchs Feld, die eben direkt vor mir startete. Überall wird sie angefeuert, so dass sie nach meinen Überlegungen entweder Einheimische oder eine Schnelle ist. Sie ist sozusagen mein heutiger Enemy - Deswegen ist mein Ziel, bis zum letzten Anstieg vor ihr zu bleiben. Das gelingt mir dann auch gut. Sogar kräftesparend jogge ich hinauf zu den Skiliften leicht unterhalb der Kleinen Scheidegg. Meinem rudimentären Zeitplan hinke ich etwas nach, allerdings erwartete ich auch eine wesentlich weniger technische und somit schnellere Strecke. Nach 12km geht's definitiv nur noch bergab, zuerst über die Skipiste, dann über den Wanderweg.
Obacht bim Downhill
Das Ziel in Grindelwald scheint noch weit weg und dennoch purzeln die Kilometer zügig. Mangels Wettkämpfe und auch weil ich unterdessen lieber fötele als spinne bin ich kaum noch gewohnt, am Limit zu secklen. Deswegen bin ich unsicher, ob ich schneller könnte und wenn ja, wie lange das anhalten würde ohne am Ende einzugehen. Ich weiss aber, gut dran zu sein, denn das Verhältnis zwischen selber überholen und überholt werden spricht klar zu meinen Gunsten. Seit einigen Kilometern überholte mich keiner mehr. Ausser dreckige Schuhe und Hände bleibt dann ein Sturz auf dem nassen Holz ohne Folgen. Mein Schuh ist für leichtes Gelände gedacht, erst im nassen Wald zeigt er definitiv Schwächen. So bleiben einige Ausrutscher nichts anderes als kostenlose Adrenalinschübe. Kurz vor Ende des Waldes passiert es dann, mein rechter Schuh verliert die Haftung, rutscht ab und schleift sich über das am Boden liegende Holz und Steine. Ohne wirklich zu stürzen, bemerke ich, dass dabei der Schnürsenkel gerissen ist. Es braucht zwei Versuche, die Sache provisorisch zu flicken und neu zu knoten. Zwischenzeitlich holt mich deswegen das Fräulein fast an. Im Feeling eines lockeren Freizeitschuhs renne ich weiter bis zur Talsohle. Hier erinnere ich mich bestens ans letztjährige Leiden auf dem gefühlt vierzehntausend Grad heissen Asphalt. Heute geht das lockerer und so überhole ich dennoch einen Läufer, der mir Zwischenzeitlich schon davongeseckelt war. Die letzten Kilometer über die Strasse gehen wieder zügiger, so erreiche ich bald den kleinen Anstieg hinauf ins Dorf. Ab hier sind die Ränge bezogen, das Rennen gelaufen, d'Sach isch brittlet. Im Ziel höre ich dann Zwischenrang 10 und meinen Namen im gleichen Satz.
Churz vorem Ziu
2h28 Laufzeit bedeuten dann tatsächlich Kategorienrang 9 und Gesamtrang 12. Die Spinner, die mich anfänglich überholten, sind niemand geringeres als der letztjähriger Sieger des 101km-Lauf und Remy Bonnet. So egal mir das ist, so eindrücklich war es, diese Läufer mal selbst im Gelände zu sehen. Mein Enemy blieb bis zuletzt hinter mir, sie erreichte Rang 2 bei den Frauen.




Heute lief es mir sehr gut, ich bin natürlich zufrieden, auch wenn das reduzierte Teilnehmerfeld das Resultat verfälscht. Über die drei Zwischenfälle mit dem Sturz, dem Knie und dem Schnürsenkelriss muss ich natürlich lachen, denn letzteres war immer meine grösste Furcht: ein Lauf barfuss beenden zu müssen. Die wirklich schöne Strecke - die mal im Wald, mal Nahe dem Eiger, mal technisch, mal schnell - sehr viel Abwechslung bietet, rundet diese positive Überraschung ab. Solch schnelle Läufe machen mir unheimlich Spass, so dass ich voll motiviert und mit einem weiteren Bitz Eiger nach Hause gehe…
Schnürsenkelriss rechts provisorisch repariert