Morgenberghorn meets Niesen


23.07.2018
Von einer Einheimischen erhielt ich den Tipp: Morgenberghorn (2'249m.ü.M.). Also musste das ein guter Tipp sein. Das Wetter sieht weniger gut aus. Wenn ich mich beeile, sollte es gehen.
Wo ist das Morgenberghorn?


In Aeschiried starte ich, flach der Strasse und später dem Fluss entlang. Hier hat es einige schön hergerichtete Stellen zum Grillieren. Ich erreiche schon bald den Suld und bin jetzt warm. Nun geht es bergauf, zuerst durch Matsch und dann auf einem richtig schönen Weg eine konstante Steigung hoch. Der Puls steigt.
schöner Waldweg


Als ich aus dem Wald komme, merke ich, das ich falsch bin (Greberegg). Habe vermutlich eine Abzweigung verpasst. Wollte ich doch direkt zum Brunni, muss ich jetzt noch rund einen Kilometer mehr oder weniger flach in Richtung Morgenberghorn.

Beim Brunni könnte man einkehren, aber ich will weiter, obwohl ich immer für einen Gerstensaft zu haben bin. Weiter oben hat es Nebel, ich höre aber Stimmen und weiss, dass auch andere es bei diesem Wetter wagen.

Blick nach oben in den Nebel


Es wird steiler, ich kann noch rennen oder traben. Dann überhole ich zwei Wanderer, die ich aber auch auf dem Rückweg nicht mehr antreffe, entweder wegen Müdigkeit oder dem Wetter. Oder der Kletterpassage. Vereinzelt hat es hohe Tritte und ich muss kurz marschieren. Dann treffe ich Aeschi-Aschi, er erzählt von seinen Zeiten als Läufer und dass er nun oben die Bänke herrichten wolle. Ich gehe weiter und komme zur Kletterpassage. Mein Puls ist hoch und ich bin auch sonst wohl kaum trittsicher. Also warte ich eine Minute und schaue mir an, wo ich hintreten könnte. Dann geht los und ich fokussiere mich darauf, mich gut an der Kette zu halten. Ich finde die Passage anspruchsvoll. Lässt man los, geht es ein paar Meter runter. Es folgt noch eine zweite Passage, die mit Seilen gesichert ist. Die ist weniger anspruchsvoll. Trotzdem hält sich meine Vorfreude für den Rückweg in Grenzen.

Blick nach oben. Eine Kette sicher den Weg.

kurz vor der ersten Kletterpassage




Im letzten Teil wäre Marschieren wohl schneller, aber ich will den Rhytmus halten. Hier überhole ich eine Mutter mit zwei Kindern und Hunden. Okay, die haben die Kletterpassage ja auch geschafft.

In 1h52min bin ich oben angekommen und erfreue mich der Berner Fahne. Heimat. Die Aussicht ist in etwa so: weisser Adler auf weissem Grund. Teilweise gab der Wind etwas Sicht, aber nur sehr wenig und sehr kurz.
trotz fehlender Sicht hat sich es sich gelohnt


Ich mache mich zügig auf den Rückweg. Beim Abwärtsrennen ist mir hier der Speed unwichtig. Die Kletterpassage macht abwärts weniger Spass als aufwärts... Ich stelle mir vor, wie man hier im Herbst mit Nässe und vielleicht vom Wetter überrascht nach unten muss. Nichts Tragisches aber eben halt mal etwas Anspruchsvolleres, als ich es gewohnt bin.

Nach dem Brunni gehe ich Richtung Aeschiried, bleibe aber auf dem Kamm in Richtung Skilift. Hier kann man richtig Gas geben über die Kuhweide, sehr angenehm, und der Blick geht immer in Richtung Niesen. Ein paar Wanderer in meinem Alter schauen mich schräg an, aber was soll ich sagen, es macht halt Spass, wenn man so schnell vorwärts kommt.
Blick in Richtung Brunni, alles dem Kamm Richtung See

der Blick von der «falschen» auf die richtig Seeseit ;)


Der letzte Teil bergab über Wiesen und präparierte Wege macht mal mehr mal weniger Spass. Wieder beim Parkplatz angelangt, schaue ich zurück auf den eindrücklichen Berg. Die 16km und 1'400 Höhenmeter habe ich in 2h56 zurückgelegt.

Ich nehme eine Banane und Wasser zu mir, fahre mit dem Auto nach Mülenen. Weil ich schon auf der App die Route eingegeben hatte, spielte ich mit dem Gedanken, noch auf den Niesen zu gehen. Es war nun ca. 15 Uhr und ich müsste mich beeilen für die letzte Talfahrt. Kurz dehnen, versuchen das Befinden herauszufinden, rechnen. Also los, sagte ich mir. So stand ich kurz später bei der Brücke, wo der Wanderweg direkt hinauf beginnt.

Im Frühling war ich schon mal oben, brauchte 2h5min und somit eine Viertelstunde länger als letztes Jahr. Ich orientierte mich also an 2h und rechnete noch etwas Pause ein, dann sollte es mit dem letzten Bähnli heimwärts reichen.

Ich wusste schon, dieses Mal würde ich es nicht schaffen, alles zu rennen/traben. Also marschierte ich viel. Es ging erstaunlich gut. Okay, ich merkte dann schnell, dass der Durst zunahm und mein Trinkbeutel wohl zu knapp kalkuliert war. Energiegel hatte ich auch nur einen. Allenfalls könnte ich in der Hälfte umkehren. In den steileren Passagen war ich etwa gleich schnell wie letztes Mal, das machte mir Mut. Mir kam eine Trailrunnerfrau entgegen, so in meinem Alter, in einem wahnsinns Tempo. Bei dieser Geschwindigkeit ist das meines Erachtens ein Fussbrecher-Weg.

Da ich schon das eine oder andere Mal hier hoch ging, hatte ich zeitlich Anhaltspunkte auch ohne GPS. Es zog sich dann schon mehr, als wenn man mit frischen Beinen hoch geht, insbesondere der Teil in den Lawinenschutzverbauungen. Ich rechnete mir aus, wann ich wenden müsste, wenn es zeitlich knapp würde. Drei Viertel hatte ich schon, da überholte ich eine Frau, die wird wohl oben übernachten, dachte ich mir. Als ich dann den letzten Teil erreichte, wo das Restaurant schon in Sichtweite ist, wollte ich nicht mehr so wirklich... die Beine schritten immer weiter, halt in reduziertem Marschtempo.

Von Weitem sah ich schon die ersten Leute auf die Bahn warten. Ich schaute auf die Uhr. Sollte reichen. In den letzten Metern kam dann noch richtig Freude auf. Ein Schlusssprint lag wahrlich nicht mehr drin. Ich brauchte genau 2 Stunden, Marschieren ist eben häufig effizienter. Die Cornet-Glacé hatte ich mir verdient! Sie war weg, noch bevor die Bahn abfuhr.

Kumuliert waren das fast 3'100 Höhenmeter und 24 Kilometer. Grossartig!
Sicht vom Niesen auf das Morgenberghorn