Dahei ufem Sigriswiler Rothorn

07.10.2018

noch ein paar hundert Meter oder ein paar Tausend Steine...

Die folgende Tour war schon einmal auf meinem Radar, hatte sie dann aber aus irgendwelchen Grünen verworfen. Heute sollte es also soweit sein, dass ich um mein altes Zuhause herumtourte mit dem Sigriswiler Rothorn als Ziel.


Ich starte unten in Gunten 600m.ü.M. eingangs Schlucht. Früher zottele ich da häufig runter für eine vernünftige Busanbindung in die Stadt. Es geht nach ein paar Metern ohne Aufwärmen ziemlich los, nicht allzu steil, aber ja, flach ist anders. Ich finde schnell einen guten Rhythmus, ob ich mich damit zu früh auspowere, werde ich schon noch herausfinden. Es dauert dann gut zehn Minuten, bis ich die Hängebrücke Aeschlen-seitig erreiche. Noch 50 Meter und ich wäre Zuhause, vielleicht hat jemand gekocht?! Ich will aber weiter und folge der Strasse, biege dann in meinen alten Schulweg ab, der über eine nette Wiese verläuft und den ich unbedingt in meine heutige Tour einbauten musste. Früher bin ich da häufig runtergerannt, alsbald die Schule vorbei war. Trailrunning in Kinderzeiten sozusagen. Dann geht's vorbei an meinem alten Schulhaus, wo ich kurz pausiere. Schön, der Niesen hat einen Hut, dann wir das Wetter gut. Hoffe ich mal.


Der Wanderweg beginnt und es wird steiler. Ich kenne mich hier eigentlich bestens aus, weiss aber nicht wirklich, wie steil das wird. Etwas weiter direkt in Richtung Margel denke ich mir der Steilheit wegen, ich hätte besser einen Umweg genommen. Nun, jetzt bin ich da und muss halt durch. Ich will ja aufs Marschieren verzichten und da kann ich schliesslich nicht jetzt schon meinen Vorsatz über den Haufen werfen. Oben auf dem Margel 1'185m.ü.M. entnehme ich meiner Uhr etwas Vorsprung auf die erwartete Zeit und sehe mein Tagesziel eingewickelt in Nebel, oder Wolken, oder beides.

Aussicht vom Margel
Blick zurück zum Margel, tolles Trailrunning
die Wolken verziehen sich rund um das Sigriswiler Rothorn
Es geht flacher weiter in den Wald. Der Weg ist an einer Stelle, wie erhofft, wunderbar umgeben von Moos. 59min nach dem Start erreiche ich die Blueme 1'392m.ü.M. Den Aussichtsturm spare ich mir auf für ein anderes Mal. Es geht nun abwärts nach Schwanden über die Naturstrasse. Das geht zügig bergab.
der Wanderweg, eine Schneise im Moos
Aussichtsturm Blueme


Bei Schwanden Säge folge ich dem Wanderweg in Richtung Skilift. Bei der schwarzen Piste nehme ich den direkten Weg übers Gras, weil Kühe den Weg versperren. Ich erreiche das obere Ende des Skilifts und freue mich, diesen Winter hier ein paar Kurven zu ziehen. Vertrautheit pur. Schneller als erwartet, sehe ich schon den Skilift Wilerallmi. Vorher biege ich ungeplant links ab und folge dem Wegweiser zum Rothorn. Es wird nun steiler und ich nähere mich der Felswand, irgendwo da oben ist wohl mein Ziel. Die nächsten Meter sind dann wirklich anstrengend.
irgendwo da oben ist mein Ziel
schöner Wegverlauf entlang der Feldwand

beste Seesicht, bevor man hinter dem Grat verschwindet


Bei der Berglichäle 1'725m.ü.M. pausiere ich kurz. Die Umgebung sieht prächtig aus, es scheint so, als ich das erste mal hier bin. Nach einem Sturz ohne Folgen (ok, ein Finger blutet ein wenig) wird's kurz flacher und mein Ziel ist in Sicht. Dafür muss ich aber noch über einen steinigen Weg, wo ich die Orientierung verliere und mich durch das Karst-Labyrinth schlängle.
Berglichäle

Der letzte Wegweiser zeigt 20min zum Gipfel an. Ich bin schon 2h22 unterwegs und ich will das in 2h30 schaffen. Also gebe ich Gas. Die Kraxelpassage ist einfacher und kürzer als erwartet. Nach einem ehrfürchtigen Blick in den Abgrund trabe ich zuerst, dann folgt ein Zielsprint auf allen Vieren. Die zwei Wanderer schauen mehrfach zu mir. Egal. Nach 2h28 erreiche ich das Sigriswiler Rothorn auf 2'051m.ü.M. Ich bin alleine oben mit den Bergdolen.
kraxel kraxel
Sicht zum Mittaghorn, Sichle und Justistal

oben auf dem Gipfel des Sigriswiler Rothorns
Blick dem Justistal entlang nach unten bis zum Thunersee
Die Sicht auf das Justistal und das Niederhorn ist imposant, das sind beeindruckende Felswände. Hirsche sind zu hören. Das Zuhause der Steinböcke ist auch hier. Weitsicht habe ich leider keine. Schneller als ich meine Kamera zücken kann, verschwindet die Sonne wieder. Bei guter Sicht muss das ein sehr schöner Flecken sein, scheinbar gibt es etliche Wege nach hier oben. Ich verspreche mir, ich komme wieder. Ein Snickers später mache ich mich auf den Rückweg. Wieder verliere ich etwas die Orientierung und steige vorsichtig über die Kletterpassage runter. Dann folge ich dem Weg, den ich hochgekommen bin. Also ja, ohne das Karst-Labyrinth halt. Den Weg in Richtung Mittaghorn lasse ich aus, die Tafel signalisiert «Vorsicht». Zwei Wandergruppen kreuzen sich und mich bei einem tollen Rastplatz. Dann folge ich dem Wegweiser nach Sigriswil. Bald geht es über Wiesen, die sind sehr angenehm zum Rennen. Es folgt dann ein eher steiler Weg bergab. Ausgerechnet bei einer völlig einfachen Stelle mache ich einen Misstritt. Nichts kaputt, nur Aua! Glück gehabt, einen Fluch und eine kurze Pause später kann es weitergehen.


Es geht über die Skipisten der Wilerallmi. Auch dieser Lift liegt im Sommerschlaf. Hoffentlich küsst ihn bald der erste Schnee wach. Bis Sigriswil geht es über Strassen und Wiesen. Die Aussicht auf das Dorf ist toll und ich sehe auch Margel und Blume aus der Distanz. Ich beobachte einen Rotmilan, zwei, nein drei. Dann erreiche ich bald das Dorf. Bei der Hängebrücke biege ich in die Schlucht ab und kurze Zeit später stehe ich wieder beim Auto.
Skilift Wilerallmi
im Hintergrund Margel und Blueme
Nun, das war doch ziemlich abwechslungsreich. Das mässige Wetter trübt die Freude über diese tolle Tour kaum. Oberhalb Schwanden ist es richtig schön zum Wandern. Die Berglichäle hat mir sehr gut gefallen und ab Punkt 1'800 sieht das alles anders aus, als erwartet. Ich bin positiv überrascht. Die alte Heimat war, ist und bleibt halt toll. Das waren 24 Kilometer, 2'318 Höhenmeter. Zeitbedarf 3h36.