Schwärmen von der Schwalmere 2'777m.ü.M.

12.10.2018
Schwalmere 2'777m.ü.M. - ein Paradies!
E-i-n Trailrun, ein Trailrun geht noch rein, geht der Herbst so weiter, sind es vielleicht zwei. Nach diesem Motto las ich jeden einzelen Erlebnisbericht auf hikr.org über die Schwalmere, ich wollte den Herbst noch richtig melken. Viele schildern dort ihre Ski- oder Klettertour. So war ich schliesslich unsicher über den wirklichen Schwierigskeitsgrad, der zwischen T2 bis T4 angegeben wird.

Ich war äusserst spät dran, so blieb mir eh "nur" die "halbe" Schwalmere vom Kiental aus mit dem identischen Retourweg. Vielleicht schaffe ich es ein ander Mal von Reichenbach nach Zweilütschinen, wäre toll. Kurz nach 12 Uhr starte ich also im Kiental. Da es etwas weiter nach oben geht, bin ich schon mal für kühlere Temperaturen gekleidet, d. h. lange Hosen und langes Shirt. Nach ein paar Metern auf Asphalt beginnt der Wanderweg mit einer netten Steigung. Es folgt ein schöner Weg über Naturtreppen, Kies und später über wunderbare Wiesen und sogar durchs Laub. Dem Spiggenbach entlang im Schatten rennt es sich eigentlich wunderbar, wenn auch etwas kühl. Vielleicht liegt es daran, dass mein Shirt schon völlig durchgechwitzt ist. Nerv. 
der Start bringt mich gleich ins Schwitzen trotz lockerem Tempo

Der Herbst hält Einzug
irgendwo im Nirgendwo (diese Region ist den Mobilfunkanbietern offenbar unbekannt ;-)
Der Waldweg entfernt sich nun vom Bach und wird etwas steiler und steiniger, bis eine Naturstrasse erreicht wird. So bei Kilometer 5 prüfe ich mal das Höhenprofil und den weiteren Wegverlauf. Ab hier endet dann auch der Empfang des Mobilnetzes. Bei einer Hütte empfängt mich ein Köter. Ich sage eigentlich Hund, aber er mag mich wenig, deswegen nenne ich ihn Köter. Ein Einheimischer erkundigt sich nach meiner Route und wir wechseln ein paar Worte. Mir wird das Schilthorn empfohlen, aber da gehe ich vielleicht ein andermal hin. Und auf der Schwalmere könnte es Alt- oder Neuschnee haben. Ok, Gespräch beendet. Irgendwo signalisiert ein Schild 3h40 bis zu meinem Ziel. Geschätzte zwei Laufkilometer später im zügigen Tempo (es ist flach) signalisiert ein weiteres Schild wiederum 3h40. Geil, ist halt motivierend, nochmals die gleiche Zeit zu sehen. Vielleicht hat man da am Wegweiser gespart oder versehentlich zwei gleiche produziert. Egal.

Ich erreiche Glütschnessli auf ca. 1'600m.ü.M., das Ende des Kientals und den eigentlichen Startpunkt der Steigung. Über den Wanderweg läuft Wasser, das gefällt mir, habe schlisslich Trailschuhe an. Es wird nun steiler und noch immer habe ich mein Ziel nicht sehen können. Ein einziger Wanderer begegnet mir. Mobilempfang gibt es weiterhin keinen. Nach ein paar Metern wechsle ich aufs Marschieren. Ich will weniger pausieren müssen und im Trab werde ich es eh nicht bis nach oben schaffen. Fühle mich zwar nicht müde, aber auch nicht vor Energie strotzend. Also ist Marschieren völlig ok und manchmal ja eh effizienter. Puls um die 150, das passt. Der Weg verläuft zickzack und quer in einem Hang, mal über Steine, Laub, mal über Felsen und dann wieder über Kies und Gras.
quer im Hang der kleinen Felswand entlang gewinnt man fleissig an Höhenmeter

Rund 300 Höhenmeter später erreiche ich Glütsch. Vermutlich sehe ich mein Tagesziel, denn so ohne GPS bin ich unsicher. Sie scheint noch sehr weit weg zu sein und auch ziemlich viele Meter weiter oben, die gute Schwalmere. Wirklich ziemlich weit. Meinen Trinkbeutel füllte ich mit 1,7 Litern mehr als üblich, dennnoch fülle ich ihn bei einem Bach wieder auf. Es scheint durstige Luft zu sein hier oben. Auf einer kleinen Anhöhe begegnet mit ein Vater mit Sohn, sie berichten von etwas rutschigen Bachübergängen. Die sind aber alle trocken und so erreiche ich über den immer steiniger werdenden Weg die Stelle, die mit einem Seil gesichert ist. Alles kein Problem, es ginge auch ohne Seil. Der Weg verläuft nun über Felsen und lose Steine, das könnte mühsam werden für den Rückweg.
wenige Meter vor Glütsch

Blick auf das Tagesziel (Schwalmere, links vom Sattel)
Ich erreiche bald den letzten Abschnitt mit dem vielen Geröll. Die Umgebung hier ist karg, das gefällt mir sehr gut! Der Sattel zwischen Hohganthorn und Schwalmere ist kurze Zeit später erreicht, kurioseweise sind beide Gipfel mit 2'777m.ü.M. identisch hoch. Es kommt mir vor wie ein Passübergang, geil. Es liegt etwas Schnee hier, ein Schneemandli ergänzt die Steinmanndli. Ich sehe schon den Eiger und den Brienzersee, will mir die Aussicht aber verdienen, in dem ich die letzten Meter im Zickzack richtig Gas gebe.
die letzten Meter durchs Geröll vor dem Sattel

ein paar lustige Gesellen waren vor mir hier
Nach 2h20 Laufzeit empfängt mich auf der Schwalmere ein süsser Hund, zwei Berggänger und ein wiiirklich eindrückliches Panorama. Wirklich! Ich schaue mich erst mal richtig um von Niesen beginnend. Die Weitsicht ist sehr gut, ich blicke hinunter auf das Morgenberghorn, auf dem ich erst gestern war. Der Blick auf Wetter- und Schreckhorn, Eiger, Mönch und Jungfrau ist von hier so eindrücklich, wie ich ihn noch nie geniessen durfte. Der Winkel ist perfekt, ebenso die Distanz wie auch das Wetter. Phänomenal! Das toppt wirklich alles Bisherige, was die Umgebung und das Panorama angeht. Die Berichte auf hikr sind zutreffend, das geilste Panorama ist hier auf der Schwalmere. Man muss das gesehen haben, den irgendwie fehlen mir die treffenden Worte. Ich weiss, all die anderen sehenswerten Berge, die beiden Seen, Täler und Vieles mehr würdige ich hier textlich zu wenig...

...schaut selbst...
DAS Panorama schlecht hin
Vom Schnee zum See

Die beiden Berggänger lassen mich dann etwas neidisch werden, denn sie nehmen für den Rückweg den Gleitschirm inklusive Hund, während ich mich leider wenig spektakulär zu Fuss auf den Rückweg mache. Vorher gönne ich mir noch zwei Snickers, einen vorläufig letzten Blick auf die Bergwelt, mache ein paar Fotos und freue mich enorm darüber, für heute dieses Ziel ausgesucht und erreicht zu haben. Wow, einfach nur Wow.

Für den Rückweg nehme ich die identische Route und auch hier sage ich: au revoir. Meine Uhr zeigt unten 23 Kilometer und 1'909 Höhenmeter an, für die ich 3h53 benötigte. Der Weg zur Schwalmere ist technisch einfach, für eine Wandertour eher lang, dafür wird man mit dem besten Panorama belohnt. Die Landschaft auf dem Sattel ist wie auf einer anderen Welt, auf dem Weg dazu ich kaum einer Menschenseele begegnete. Ab Glütschnessli gesehen, ist das mein absoluter Favorit!
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